DPSG Stamm Sugambrer Bonn Beuel

Zur aktuellen Debatte im Erzbistum Köln:

Unsere pfadfinderische Perspektive

Stellungnahme in einfacher Sprache

Unsere Stellungnahme ist sehr lang.
Es ist schwer für dich alles zu verstehen?
Hier ist alles leichter erklärt!

Unübersehbar und unüberhörbar wird in den vergangenen Wochen und Monaten im Erzbistum Köln die Debatte um sexuellen Missbrauch und dessen Aufarbeitung die Rolle der Kirche, die Verantwortung ihrer Leitung und die Gestaltung ihres Umgangs mit dieser Debatte geführt. Als Verantwortliche und Leitende in der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg im Erzbistum Köln und vor dem Hintergrund unseres Selbstverständnisses als katholischer Verband von Pfadfinderinnen und Pfadfindern erfüllen uns das Handeln der kirchlichen Leitung und der daraus folgende Vertrauensschwund in die katholische Kirche und ihre Botschaft mit Sorge und Bestürzung.

Als Pfadfinderin und Pfadfinder stehe ich zu meiner Herkunft und zu meinem Glauben

Als katholischer Verband und Laienbewegung versteht sich die DPSG als aktiver und lebendiger Teil der katholischen Kirche und sieht sich „aufgefordert, nicht nur Kirche aktiv mitzugestalten, sondern sich gemäß Jesu Gebot der Nächstenliebe für eine gerechtere und bessere Welt einzusetzen“ (Ordnung der DPSG, S. 7).

Unser Verständnis, als DPSG Teil von Kirche zu sein, beschreiben wir in drei Kirchenbildern.

Als Gemeinschaft am Lagerfeuer sammeln wir uns als Kirche um Gott, der in Jesus Christus lebt, als die wärmende Flamme des Feuers in unserer Mitte. Nicht jeder sitzt nah am Feuer, nicht jede ist dem Feuer ganz zugewandt, aber alle begreifen sich als Teil der Gemeinschaft, dem leuchtenden Feuer ordnen wir uns – jeder und jede auf seine Weise - zu.

Als Trupp auf dem Hajk sind wir als Kirche gemeinsam auf dem Weg. Jeder und jede von uns hat auf dem Weg unterschiedliche Funktionen und Aufgaben, jede und jeder von uns bringt Stärken und Schwächen mit ein. Wegkreuzungen und Weggabelungen sind Herausforderungen für uns, denn sie erfordern oft anstrengende Diskussionen und Debatten um die richtige Wahl. Wir möchten den Weg in der Gemeinschaft des Trupps gehen und das Ziel in der Gemeinschaft des Trupps erreichen. Dafür müssen Diskussionen geführt werden und Entscheidungen so gut wie möglich alle mitnehmen.

Als Bauleute einer lebenswerten Stadt sind wir als Jugendverband in besonderer Weise berufen, Anwalt für Kinder und Jugendliche sein, und unsere politischen und kirchlichen Gemeinden aus dieser Perspektive heraus aktiv mitzugestalten.

Aus diesem Verständnis heraus möchten wir mit unserem Handeln und unserer Kritik zu einer Kirche beitragen, die alle Lebensbereiche einbezieht, die auch Zweifelnden Raum bietet und Mut zur Entwicklung hat.

Als Pfadfinderin und Pfadfinder sage ich was ich denke, und tue, was ich sage!

In den vergangenen Jahren hat die Prävention gegen sexuellen Missbrauch im Erzbistum Köln in allen Wirkungsbereichen von Kirche ideell, materiell und personell einen hohen Stellenwert bekommen, der anderen Akteuren in diesem Feld in vieler Hinsicht als Beispiel gelten kann. Dies gilt es ausdrücklich anzuerkennen!

Auch in der DPSG im Erzbistum Köln ist diese Arbeit mit großem Aufwand, hohem Engagement und großen Anstrengungen vorangetrieben worden. Es war und ist herausfordernd, die Umstände des eigenen Arbeitens zu durchleuchten, um Risikofelder zu identifizieren. Es war und ist herausfordernd, Schutzkonzepte zu entwickeln, zu verfassen und in der alltäglichen Arbeit wirksam werden zu lassen. Es war und ist herausfordernd, Situationen wahrzunehmen, abzuwägen und Menschen konkret auf ihr Verhalten hin anzusprechen. Aber wir tragen diese Herausforderungen gerne, in dem Bewusstsein, auf diese Weise zu Lebensräumen beizutragen, in denen Kinder und Jugendliche, die uns anvertraut sind, frei und ohne Erfahrungen von Demütigung, Missbrauch, seelischer und körperlicher Verwundung aufwachsen und leben können!

Um so mehr schmerzt es aber und ist uns unverständlich, wenn der Blick zurück nicht in gleicher Weise aktiv gestaltet wird, wenn strukturelles und persönliches Handeln in der Vergangenheit in unserer Wahrnehmung nicht mit demselben Anspruch an Wahrhaftigkeit, Transparenz und Konsequenz untersucht wird! Es mag herausfordernd und schmerzhaft sein, Risikostrukturen zu identifizieren und zu verändern. Es mag herausfordernd und schmerzhaft sein, das persönliche Handeln in der Vergangenheit zu reflektieren und als unzureichend wahrzunehmen. Es mag herausfordernd und schmerzhaft sein, das falsche Handeln von Weggefährten, Mitarbeitenden, Mitbrüdern und Mitschwestern und Freundinnen und Freunden wahrzunehmen, zu erkennen und auszusprechen. Aber wir fordern diese Herausforderung an die Vergangenheit ein, in dem Bewusstsein, auf diese Weise für die Zukunft zu Lebensräumen beizutragen, in denen Erwachsene, Kinder und Jugendliche, die uns anvertraut sind, frei und ohne Erfahrungen von Demütigung, Missbrauch, seelischer und körperlicher Verwundung aufwachsen und leben können!

Als Pfadfinderin und Pfadfinder entwickele ich eine eigene Meinung und stehe für diese ein!

In der DPSG möchten wir dazu beitragen, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene sich zu starken und selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und Verantwortung dafür übernehmen. Wir unterstützen sie in einer kritischen Weltsicht und dabei, gesellschaftliche Gegebenheiten zu hinterfragen. Auf Grundlage des Wertekanons der DPSG bilden sie sich eine Meinung darüber, wie die Gesellschaft, in der sie leben, aussehen soll und setzen sich aktiv dafür ein. (Ordnung der DPSG, S. 6)

Im Alltag des pfadfinderischen Arbeitens, in den Gruppenstunden und auf Fahrten erfahren Kinder und Jugendliche die Kraft und den Wert, aber auch die Anstrengung und Herausforderung einer Auseinandersetzung um Entscheidungen. Weil wir möchten, dass sie bereit sind, sich für die eigenen Überzeugungen einzusetzen, ist es unsere Aufgabe als Verantwortliche und Leitende, den Kindern und Jugendlichen Vorbild zu sein in der Art und Weise der Diskussion und der Auseinandersetzung. Wir müssen unsere Gegenüber ernst nehmen, auch wenn wir ihre Ansichten nicht teilen. Es besteht nicht immer ein Zwang zum Konsens, auch das Aushalten einer bleibenden Meinungsdifferenz ist es wert, vermittelt und gelernt werden. Wir müssen uns mit ihren Argumenten respektvoll auseinandersetzen, auch wenn wir diese aus einer anderen Perspektive als weniger bedeutsam erachten. Wir dürfen unsere Position als Ältere, Leitende o.ä. nicht auszunutzen, um Diskussionsbeiträge, die uns herausfordern oder nicht gefallen zu verhindern, sondern sollten unsererseits auf die Kraft unserer guten Argumente und Überzeugungen vertrauen.

Wir sind uns bewusst, dass wir vielfach nur einen medial vermittelten Eindruck von Formen und Inhalten der Diskussionsführung auf Seiten der kirchlich Verantwortlichen bekommen. Wenn wir aber davon hören und lesen, dass der KHG Köln nach der Veröffentlichung eines kritischen Statements Server abgeschaltet werden oder dass einem Pfarrer nach kritischen Äußerungen dienstrechtliche Konsequenzen in den Raum gestellt werden, sind das Formen der Auseinandersetzung, die allem, was wir uns bemühen zu vermitteln, diametral entgegenstehen. Als Teil eines Verbandes, der sich als Glied der katholischen Kirche begreift, möchten wir hier auch um des Außenbildes unserer Kirche Willen nicht schweigen.

Wir rufen die Verantwortlichen und Beteiligten dazu auf, die Diskussion im Vertrauen auf die Kraft des eigenen - auch theologischen – Arguments und in gegenseitiger Anerkennung des guten Willens des Gegenübers auf gleichwertiger Augenhöhe und im Gedanken des eigenen Vorbilds insbesondere für die uns zugehörigen Kinder und Jugendlichen zu führen!

 

Die Leiterrunde